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Fahrermangel vs. Mimimi

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Zuletzt aktualisiert am 12. Oktober 2021

Dank den Zuständen in England, ist der Fahrermangel auch hier in Deutschland ein Thema in den „offiziellen“ Medien. Und es bleibt nicht aus, dass viele Fahrer dies zum Anlass nehmen, ihren zum Teil gerechtfertigten, zum anderen aber auch eher größtenteils ungerechtfertigten Frust unter jedem Beitrag, den man bei Facebook findet, freien Lauf lassen.

Mal meine Meinung zu diesem ganzen Thema…

Fahrermangel, gibt es den überhaupt?

Nun, es gibt Fahrer, die behaupten, es würde den Fahrermangel gar nicht geben. Denn viele potenzielle Fahrer hätten den Job an den Nagel gehängt, ob gleich der miserablen Bedingungen in der Transportbranche.

Nun, ob diese potenziellen Fahrer den Job nun an den Nagel gehängt haben oder auch nicht, spielt keine Rolle. Sie fehlen so oder so, ergo: Fahrermangel vorhanden!

Klingt komisch, ist aber so. Denn die Fahrer sind zwar irgendwo da, aber nicht da, wo Sie gebraucht werden.

Die miserablen Zustände

Welche das nun sein sollen, daraus werde ich nicht ganz schlau. Wobei, wenn ich so überlege, dann gehen die „Forderungen“, so denn man diese so nennen kann, in die Richtung, dass man nur noch für das Fahren bezahlt werden will und das am besten jenseits der 4000 Euro und Übernahme aller sonstigen anfallenden Kosten, wie die Weiterbildung, die alle 5 Jahre anfällt, oder besser gesagt, gleich alle Kosten die mit der Verlängerung des Führerscheins zusammenhängen.

Aber gehen wir mal der Reihe nach. Miserable Zustände.

Aufgezählt werden da immer wieder:

  • fehlende Wertschätzung
  • schlechte Löhne
  • Behandlung bei diversen Kunden
  • Be- und Entladung
  • die vielen Arbeitsstunden
  • die Geißelung des Staates durch die Kontrollorgane
  • die Weiterbildung (umgangssprachlich Module genannt)
  • der ständige Stress (Verkehr, Termindruck)

Es gibt noch mehr, aber das sind so die Dinge, die sich immer wiederholen.

Ach, dass man dazu gezwungen wird während des Be- und Entladens auf Pause stellen zu müssen.

[stextbox id=“alert“]Bevor jetzt wieder einige das Handy, den Laptop oder sonstiges Gerät vor Wut über meinen Text an die Wand schmeißen, lest bitte weiter, denn das nicht alles rosig ist, weiß ich, aber vieles kann man selber ändern, wenn man nur den Arsch hochbekommt. Allerdings, ein wenig Sarkasmus und Ironie werde ich mir nicht verkneifen![/stextbox]

Nun dazu kann ich nichts sagen, denn in den ganzen 26 Jahren, die ich nun diesen Job ausübe, hat mich noch kein Unternehmer gezwungen, während des Be- und Entladens auf Pause zu stellen. 
Ich denke da eher, dass das Ganze daran liegt, dass die Fahrtenschreiber alle auf Pause umspringen, sobald man die Zündung ausmacht. Die Fahrer vergessen dann nur, auf Arbeitszeit umzustellen. Aber das ist meine Vermutung. Natürlich steht an jeder Be- und Entladestelle in Europa ein Mitarbeiter mit der Peitsche und droht dem Fahrer Konsequenzen an, wenn er nicht auf Pause stehen lässt. Ja, übertreiben kann man als LKW-Fahrer ganz gut 🙂

Fehlende Wertschätzung ist auch so ein Thema. Klar dank diverser Medien und nicht auch zuletzt dank dem Verhalten nicht gerade wenigen Fahrer auf den Straßen, in Industriegebieten oder inoffiziellen Parkplätzen, haben wir ein schlechtes Image. 
Aber, wenn man sich das mal in Ruhe durchliest, was ich geschrieben habe, dann darüber nachdenkt, nein es sind nicht immer die anderen, die so was machen, kommt man hoffentlich auf das gleiche Ergebnis.

Chaos im Logistik Bereich

Auch die Sache, wie man an der Rampe behandelt wird. Gut, ich habe das Problem zum Glück seit fast 3 Jahren nicht mehr, aber ich kenne es nur zu gut.
Hier und da habe ich auch ins Klo gegriffen, aber auch dem einen und anderen Lagerheini gezeigt, wo seine Grenzen sind. Und das Sprichwort: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus…“, kennt eigentlich jeder. Da ist zu oft was Wahres dran. Und nein, nicht immer hat man das Glück, das der Lager Heinz auch nur gute Laune hat, oder zu Hause auch mal was sagen darf 🙂

Das Ding mit den schlechten Löhnen ist eine Sache, die hätten wir schon längst lösen können. Wenn man denn nur gewollt hätte. Seit Jahren reden einige Fahrer, die sich darüber Gedanken gemacht haben (u.a. ich auch hier im Blog und bei FB immer und immer wieder), das es so einfach ist. 

Das Zauberwort heißt hier: Tarifvertrag. Und zwar einen Allgemeinverbindlichen. Denn dieser hat den Vorteil, dass sich jeder Arbeitgeber daran halten muss, egal ob er bereits einer Tarifbindung unterliegt oder eben nicht. Aber auch dafür müsste man erst einmal Mitglied bei ver.di werden. Kostet monatlich nur 1 % eures Bruttolohnes (das ist das, was man auf der Lohnabrechnung sieht, bevor die Steuern und Sozialabgaben abgezogen wurde). Aber das ist ja böse, denn die Gewerkschaft macht ja nichts….. Ja ja….

Be- und Entladung ist auch wieder etwas, was vielen Fahrern stinkt. Gerne wird da der § 412 HGB genannt, wonach es Aufgabe des Absenders sei, wie die Ware aufs Auto und wieder runterkommt. Dummerweise sagt der erste Absatz schon genau das Gegenteil aus:
 

(1) Soweit sich aus den Umständen oder der Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen.

 
So, wie war das noch mit dem Be- und Entladeverbot für Fahrer? Ärgerlich, gibt es gar nicht. Gerne wird auch das Vertragsrecht vergessen. Denn mit diesem lässt sich das HGB „aushebeln“ um es mal vielleicht nicht ganz richtig zu umschreiben. 

Fakt ist, Versender und Frachtführer oder auch der Empfänger können im Transportvertrag vereinbaren, das die Be- und Entladung der transportierende Unternehmer (durch seinen Fahrer) zu erledigen ist. Akzeptiert der Spediteur dies, nun, dann kann im HGB stehen was will, dann entlädt ober Belädt der Fahrer den eigenen LKW. Anders ist das bei einem Überseecontainer. Der zählt als Teil der Ware und an der Ware hat der Fahrer nichts zu suchen. Also wollt ihr kein LKW mehr selber Be- oder entladen? Dann fahrt Überseecontainer. Dann fahrt ihr wirklich nur noch. Gut ein wenig LaSi muss man schon noch machen, eben die Büchse auf dem Chassis fest machen.

[stextbox id=“alert“]Bevor jetzt wieder einige das Handy, den Laptop oder sonstiges Gerät vor Wut über meinen Text an die Wand schmeißen, lest bitte weiter, denn das nicht alles rosig ist, weiß ich, aber vieles kann man selber ändern, wenn man nur den Arsch hochbekommt. Allerdings, ein wenig Sarkasmus und Ironie werde ich mir nicht verkneifen![/stextbox]

Ja die vielen Arbeitsstunden…. Das hört sich immer so an, als wenn jeder Fahrer 24 Stunden lang nichts anderes  darf, außer nur arbeiten. Dabei darf man doch nur maximal 208 Stunden im Monat arbeiten, oder doch nur eine 48 Stundenwoche? Nun, viele interpretieren in die langen Arbeitszeiten alle Zeiten rein, die nur so anfallen. Anreise zum Arbeitsplatz, dann die ganze Woche weg sein, Abreise nach Hause…

Leute mal ehrlich. Arbeitszeit ist klar definiert. Das muss und will ich jetzt hier nicht noch ausquetschen, der Text wird auch so lang genug.

Und ja auch die oben erwähnte schlechte Bezahlung spielt hier eine Rolle. Aber auch wieder der bereits genannte allgemeinverbindliche Tarifvertrag.

Muss ich den Rest jetzt auch noch? Ach, komm Scheiß drauf.

Weiterbildung und die Geißelung der Fahrer durch den Staat / seine Kontrollorgane.

Jetzt mal ehrlich. Die Weiterbildung ist immer noch dringend notwendig. Denn alleine schon das Basiswissen, was man haben muss und was viele Fahrer haben, sieht man immer wieder perfekt auf Facebook. Da kann man gut einen SOLL und IST Zustand rausmachen.

Es gibt eine Lenk- und Ruhezeiten Verordnung, gültig in ganz Europa, also auch in Frankreich. Und nur weil diese jetzt mittlerweile 15 Jahre alt ist, ist sie im Gegensatz zu diversen anderslautenden Meinungen, nach wie vor gültig. Zuletzt noch aktualisiert durch das Mobilitätspacket. Die VO 561/2006/EG kann man sich sogar kostenlos bei der EU herunterladen oder einfach nur im Browser anschauen.

So komme ich noch zur Geißelung der Fahrer durch den Staat.

Leute im Ernst? Kontrollen müssen sein und wer Scheiße baut, muss dafür grade stehen. Fertig. 

Ach ja…. der BGL…

Ja der hat ja auch mal wieder seinen Senf dazu gegeben. Aber nicht um etwa uns Fahrern den Rücken zu stärken, nein…. Mehr ausländische Fahrer will er haben. Man müsste die Zuwanderung erleichtern.

Da frage ich mich: Habt Ihr Lack gesoffen?

Statt hier zu fordern, dass die Zuwanderung erleichtert wird, wie wäre es mal eure Mitglieder dazu anzuhalten, mehr AUSZUBILDEN? Und vor allem vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen, damit mehr Leute wieder Interesse am Fahren haben?

Da muss ich mir an den Kopf fassen bei solch einer Aussage. Jeder Handwerksbetrieb weiß: „Ich bekomme nur Nachwuchs, wenn ich diesen selber ausbilde.“ Warum sollte das im Transportsektor anders sein?

Hier bei uns im Bereich haben es ein paar wenige Spediteure begriffen und bilden aus. 

Aber hey, vielleicht fährt Herr Dr. Prof. Engelhardt auch mit einem Porsche in eine Hyundai Werkstatt um den da reparieren zu lassen.

Das ist wie damals, als damals dank Reformen bei der Bundeswehr der „Nachschub“ an neuen Fahrern wegfiel. Auch da habe ich schon gesagt: Hätte man mal selber ausgebildet, dann hätte man das Problem nicht!

Aber nein. Auch da hat der BGL wieder nur gejammert, dass durch dieses Problem die Fahrer ausgehen. Und? Hat sich da was geändert? Nein, wie man ja sieht nicht. 

Zum Abschluss: Was sich ändern muss

Es gibt vieles was in dieser Branche im Argen liegt. Es gibt einiges, was wir Fahrer selber regeln können. Auf den BGL braucht man nicht hoffen, der ist nur für die Arbeitgeber da.

Ich habe nun auch in diesem Text mehrfach den Tarifvertrag erwähnt. Durch diesen lässt sich sehr vieles regeln. Aber damit es auch dazu kommt, muss man mit dem Jammern aufhören und endlich mal was tun. Für den Anfang was, was man auch vom Sofa aus machen kann: Mitglied werden bei ver.di. Der Fachbereich 10 ist für uns dort zuständig und durch die KFK werden die dort auch kräftig mit Informationen direkt von der Straße versorgt.

Dazu müssen mehr Fahrer ausgebildet werden. So kann man auch die hohen Führerscheinkosten für die potenziellen Auszubildenden wegfallen lassen.

  1. Jörg Schwerdtfeger

    Hallo Christian,
    vielen Dank für deine ehrlichen und direkten Worte! Leider gibt es zu viele die nicht sachlich und fachlich argumentieren und somit ist deren Meinung nicht ernstzunehmen!
    Ich freue mich das es noch solche Menschen gibt wie Dich, auch wenn wir beide wahrscheinlich in einigen Dingen auch nicht einer Meinung sind kann man sich trotzdem vernünftig auseinandersetzen!
    Bleib gesund und munter und so wie Du bist!

    Lg Jörg

    • Nein, sicherlich sind wir nicht immer einer Meinung. Wäre auch zu eintönig 😀

  2. Hallo Christian
    Sachlich und fachlich richtig argumentiert.
    Azubis?
    Wir haben einen Tarifvertrag und auch die maximale monatliche Arbeitszeit ist geregelt.
    Azubientgelt wurde ebenfalls wieder erhöht.
    Fazit: 7 Azubis, davon 4 Spedikaufleute, 3 BKF, wovon einer schon wieder hingeschmissen hat.
    Mein Unternehmen würde gern mehr ausbilden.
    Jedoch bei 3%Arbeitlosigkeit in der Umgebung und VW als näheren Nachbarn, da zieht nun einmal das höher Azubientgelt von VW.

    • Tja, dann sollte sich dein AG mal diesbezüglich was einfallen lassen…. 😀

  3. Salvatore Franco Filippone

    Danke für Deine Worte,
    wir müssen uns alle zusammensetzten, dort wo Schnittpunkte sind , sollten Sie realisiert werden, dort wo keine sind sollten gemeinsame Lösungen erarbeitet werden, ohne Vorurteil zu den einzelne Verbände/ Gruppen usw.
    Der BKF an sich hat die einfachste Aufgabe, einfach sich nur in ver.di organisieren mit der Option aktiv mitzugestalten.
    Danke Christian.
    Ciao Ciao Franco

    • Ich denke mal, das mit dem Zusammensetzen dürfte kein Problem darstellen. Das schöne ist, das man so was in der heutigen Zeit auch via Internet realisieren kann. Ich habe da auch einige Punkte auf der Liste, die man mit einbringen könnte.

      In Sachen Organisierung der Fahrer ist leider noch zu viel zu tun, gerade diejenigen zu überzeugen, die der Meinung sind, dass eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft nichts bringt. Dann noch die Leute dazu bewegen, das man sich nicht in irgendeiner Gewerkschaft organisiert nur weil man hauptsächlich eine bestimmte Ware, wie etwa Getränke, oder so wie ich Holz in der Gegend rumfährt. Nein, wir sind nach wie vor Fahrer und die gehören in die ver.di.

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Fahrermangel vs. Mimimi

by Christian time to read: 14 min
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