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Das Märchen mit dem Be- und Entladeverbot

Zuletzt aktualisiert am 4. Juli 2024

Es wird immer wieder gerne erzählt, das Märchen darüber, dass wir Berufskraftfahrer nicht Be- und Entladen dürften. Irgendwer hat mal etwas gehört, dass es ein Gesetz gäbe, wo das drinstehen würde. Leider wird das auch immer wieder durch gewisse, immer wieder mit Halbwissen glänzenden, Akteure in den sozialen Netzwerken befeuert.

Doch um es mal ehrlich zu sagen: Dieses Gesetz gibt es nicht. Und es gibt auch kein Gesetz, aus dem man dies aktuell faktisch ableiten könnte.

Be- und Entladeverbot

Um es mal genauer unter die Lupe zu nehmen, wie kommt man überhaupt auf das schmale Brett?

Es ist eigentlich einfach, denn vielfach wird der § 412 HGB genannt, in dem genau das drinstehen würde. Doch schauen wir uns erst einmal an, was genau in dem 412er steht:

Handelsgesetzbuch
§ 412 Verladen und Entladen. Verordnungsermächtigung

(1) Soweit sich aus den Umständen oder der Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen.

(2) Für die Lade- und Entladezeit, die sich mangels abweichender Vereinbarung nach einer den Umständen des Falles angemessenen Frist bemisst, kann keine besondere Vergütung verlangt werden.

(3) Wartet der Frachtführer aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder aus Gründen, die nicht seinem Risikobereich zuzurechnen sind, über die Lade- oder Entladezeit hinaus, so hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Standgeld).

(4) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, für die Binnenschifffahrt unter Berücksichtigung der Art der zur Beförderung bestimmten Fahrzeuge, der Art und Menge der umzuschlagenden Güter, der beim Güterumschlag zur Verfügung stehenden technischen Mittel und der Erfordernisse eines beschleunigten Verkehrsablaufs die Voraussetzungen für den Beginn der Lade- und Entladezeit, deren Dauer sowie die Höhe des Standgeldes zu bestimmen.

https://www.gesetze-im-internet.de/hgb/__412.html

So, das ist der komplette Paragraf 412, wie er im HGB steht. Doch vielfach wird das Be- und Entladeverbot aus dem ersten Absatz abgeleitet.

(1) Soweit sich aus den Umständen oder der Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen.

https://www.gesetze-im-internet.de/hgb/__412.html

Mit sehr viel Fantasie lässt sich hieraus ein Be- und Entladeverbot für BKF ableiten. Jedoch…. Jedoch gibt es da vieles, was zu berücksichtigen ist.

Allein schon der erste Satz besagt, dass Umstände oder Verkehrssitte dazu führen, dass man als BKF die Ware zu Be- und auch zu entladen hat.

Doch auch im Weiteren, auch wenn da steht, was die Pflichten des Absenders sind, steht da nicht, dass er dies nicht delegieren darf, oder als eine Bedingung des Transportauftrages machen kann. Wir haben immer noch in Deutschland ein Vertragsrecht.

Um es noch mal deutlicher zu beschreiben: Nur weil da steht, dass der Auftraggeber das Gut beförderungssicher zu laden und zu stauen hat, steht da nicht, wie er das machen muss oder darf. Und was eigentlich auch zum Basiswissen eines BKF gehört: Frachtführer ist nicht zwangsläufig auch der, der es letztlich von A nach B fährt.

In den Kommentaren, die es zu jedem Gesetz gibt, wird das noch deutlicher: https://www.mclegal.de/media/pdf/f5/13/3c/9783406772337_LP.pdf

Es gibt kein Verbot

Halten wir fest: Es gibt in Deutschland kein grundsätzliches Be- und Entladeverbot. Die einzige Ausnahme bildet hier das CMR Recht, was aber nur im grenzüberschreitenden Verkehr Gültigkeit hat. Heißt also auch: Nur weil Ihr Euch oder Euch jemand einen CMR Frachtbrief für einen nationalen Transport ausgestellt hat, gilt hier nicht auch das CMR Recht. Eine der wenigen Ausnahmen hier: Überseecontainer. Die haben lediglich die Container auf dem Chassis zu sichern, damit die nicht herunterfallen. Selbst die Türen des Containers dürften Sie theoretisch nicht öffnen. Praktisch wird es aber gemacht, bei vielen Firmen sogar vorausgesetzt. Mir hat die Weigerung, die Türen zu öffnen, mal ein lebenslanges Hausverbot eingebracht. Gut, war mir egal. Ich hatte von meinem damaligen Arbeitgeber die Anweisung: Du öffnest keine Türen. Die hatte ich auch schriftlich dabei.

Also noch mal: Es gibt in Deutschland kein generelles Be- und Entladeverbot. Ließe sich in vielen Bereichen auch gar nicht realisieren.

Das Märchen mit dem Be- und Entladeverbot

by Christian time to read: 6 min
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