Streiken als LKW Fahrer

Erstellt am: 24/06/2025 - Lesezeit: 6 Minuten

In diesem Artikel geht es um das Streikrecht in Deutschland. Ich möchte gerne mit den Gerüchten aufräumen, die hier in diesem Land um dieses Thema kursieren.

Streiken als LKW Fahrer - darf der das?

Auch hier könnte ich es wieder kurz machen, doch das liefert keine Erklärung zu der kurzen Antwort.

Zunächst schauen wir mal ins Gesetz, was das zum Thema Streiken sagt:

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Quelle: Artikel 9 Abs. 3 GG

Doch was heißt das jetzt?

Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit in Arbeits- und Wirtschaftsfragen Alle Menschen – in jedem Beruf – haben das Grundrecht, sich in Gewerkschaften, Berufsverbänden oder ähnlichen Vereinigungen zusammenzuschließen, um ihre Arbeitsbedingungen und wirtschaftlichen Interessen zu vertreten.

Beispiel: Arbeiter dürfen eine Gewerkschaft gründen, um z. B. bessere Löhne oder Arbeitszeiten zu fordern.

Kurz gesagt:

  • Jeder darf sich beruflich organisieren, um bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen.
  • Niemand darf daran gehindert werden – auch nicht durch Verträge oder Arbeitgeber.
  • Der Staat darf dieses Recht nicht durch Zwangsmittel aushebeln – auch nicht in Ausnahmesituationen.

Alle Vereinbarungen oder Maßnahmen, die dieses Recht einschränken oder verhindern wollen, sind:

  • Nichtig (also von Anfang an ungültig),

  • und sogar rechtswidrig (also verboten).

Beispiel: Ein Arbeitsvertrag, in dem steht „Du darfst keiner Gewerkschaft beitreten“, ist ungültig und verboten.

Soll ich noch weiter machen? Gerne.

Welche Berufsgruppen dürfen nicht streiken

Die Frage, ob es Berufsgruppen gibt, die nicht streiken dürfen, muss ich eigentlich nicht stellen. Jedoch es gibt Sie und der LKW Fahrer zählt nicht dazu.

Streikverbot in Deutschland

In Deutschland gilt für Beamte ein grundsätzliches Streikverbot. Dieses Verbot ist ein eigenständiger, hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz und wurde vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt. Das Streikverbot dient der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Staates und betrifft alle Beamtengruppen – unabhängig davon, ob sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen oder nicht [1] [2] [3].

Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 entschieden, dass das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte verfassungsgemäß ist. Es steht auch im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im Dezember 2023 das Streikverbot für deutsche Beamtinnen und Beamte bestätigt und entschieden, dass es zulässig ist [3] [4] [5].

Beamte haben zwar das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren, dürfen aber zur Wahrung ihrer Interessen keine kollektiven Arbeitskampfmaßnahmen wie Streiks durchführen [2] [3]. Das Streikverbot ist damit ein zentrales Element des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses zwischen Beamten und dem Staat [1] [3].

Hier noch mal

Berufsgruppe Streikrecht
Beamte (allgemein) Kein Streikrecht
Soldaten Kein Streikrecht
Richter Kein Streikrecht
Polizisten Kein Streikrecht
Verbeamtete Lehrer Kein Streikrecht
Angestellte Lehrer Streikrecht
Kirchenangestellte Eingeschränkt
Arbeitnehmer allgemein Streikrecht

Was ist denn jetzt mit den LKW Fahrern

Natürlich fallen auch LKW Fahrer unter dieses Streikrecht. Doch nicht selten wird dieses Recht auch mit dem Verbot einer Blockade gleichgestellt.

Ebenso sind Aussagen wie Wer als LKW Fahrer streikt, verliert seinen Führerschein. Die Grundversorgung in Deutschland muss gewährleistet sein. genauso falsch.

LKW Fahrer haben genauso das Recht zum streiken, wie jeder andere Arbeitnehmer auch.

Und natürlich gibt es in Deutschland Regeln, wann und wie gestreikt werden darf. Und ja, man verliert in Deutschland seinen Führerschein, wenn man gegen die Straßenverkehrsordnung oder andere Gesetze verstößt, die einen Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigen. Die Teilnahme an einem legalen Streik zählt jedoch nicht dazu!

Gesetzliche Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Streik in Deutschland

Damit ein Streik in Deutschland rechtmäßig ist, müssen folgende gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Gewerkschaftlicher Streikaufruf:
    Der Streik muss von einer zuständigen Gewerkschaft organisiert und getragen werden. Arbeitsniederlegungen, die nicht von einer Gewerkschaft ausgerufen werden („wilde Streiks“), sind unzulässig und verboten [6] [7] [8] [11].

  • Tariflich regelbares Ziel:
    Das Streikziel muss auf einen Tarifvertrag gerichtet sein, also auf Arbeitsbedingungen, die tariflich geregelt werden können (z. B. Löhne, Arbeitszeiten, Urlaub). Politische Streiks, die sich gegen den Gesetzgeber oder die Regierung richten, sind in Deutschland nicht erlaubt [6] [7] [8] [11] [13].

  • Keine Friedenspflicht:
    Während der Laufzeit eines Tarifvertrags (Friedenspflicht) darf nicht gestreikt werden. Erst nach Ablauf oder Kündigung des Tarifvertrags ist ein Streik zulässig [7] [8] [11].

  • Verhältnismäßigkeit:
    Der Streik muss verhältnismäßig sein, d. h. das Mittel des Streiks darf nicht außer Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen. Streiks sind das letzte Mittel („ultima ratio“), nachdem Verhandlungen und ggf. Schlichtungsverfahren gescheitert sind [8] [13].

  • Keine Verletzung der Rechtsordnung:
    Der Streik darf nicht gegen geltende Gesetze oder bestehende Schlichtungsvereinbarungen verstoßen [7] [11].


Was hier in der Auflistung nicht steht: Damit man auch vor etwaigen Klagen des Arbeitgebers geschützt ist, sollte man schon Mitglied in einer Gewerkschaft sein. Als Nichtmitglied ist das nicht ganz so toll.

Warum sollte man besser Mitglied in einer Gewerkschaft sein, wenn man streikt?

  • Streikgeld als finanzielle Absicherung:
    Während eines Streiks zahlt der Arbeitgeber keinen Lohn. Gewerkschaftsmitglieder erhalten jedoch Streikgeld von ihrer Gewerkschaft, das den Verdienstausfall zumindest teilweise ausgleicht. Nichtmitglieder bekommen kein Streikgeld und müssen den Lohnausfall selbst tragen

  • Rechtsschutz und Beratung:
    Gewerkschaften bieten ihren Mitgliedern kostenlose Rechtsberatung und Rechtsschutz, etwa bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Streik. Nichtmitglieder haben darauf keinen Anspruch

  • Starke Verhandlungsposition:
    Eine hohe Gewerkschaftsmitgliedschaft erhöht die Durchsetzungskraft bei Tarifverhandlungen und Streiks. Je mehr Beschäftigte organisiert sind, desto größer ist der Druck auf die Arbeitgeberseite

  • Schutz vor arbeitsrechtlichen Nachteilen:
    Wer an einem rechtmäßigen, von der Gewerkschaft organisierten Streik teilnimmt, ist vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung geschützt. Dieser Schutz gilt auch für Nichtmitglieder, doch im Fall von Streitigkeiten profitieren Mitglieder vom gewerkschaftlichen Rechtsschutz [19]

  • Weitere Vorteile:
    Mitglieder profitieren zudem von besseren Tarifverträgen, kostenlosen Weiterbildungen, Unterstützung bei Streit mit dem Arbeitgeber und weiteren Serviceleistungen

Fazit:
Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft bietet im Streikfall finanzielle, rechtliche und kollektive Vorteile, die Nichtmitgliedern verwehrt bleiben.


Zum Schluss

Mir ist durchaus klar, dass ich mit dem Beitrag die Falschaussagen nicht wiederlegen kann. Mir ist auch klar, dass ich die Leute mit diesem Text nicht dazu bewegen kann, Mitglied in der Gewerkschaft zu werden.

Denn in den Köpfen vieler herrscht immer noch der Glaube an die ebenso falsche Aussage Die machen ja nichts für uns fest.

Das das so nicht stimmt, kann man ebenso oft genug wiederholen, man wird es dennoch nicht aus den Köpfen rausbekommen.


Quellnachweise

  1. staatklar.org: Warum dürfen Beamte nicht streiken?
  2. dbb.de: Streikrecht und Beamte
  3. bundesverfassungsgericht.de: Streikverbot für Beamte verfassungsgemäß
  4. haufe.de: Verbeamtete Lehrer dürfen nicht streiken
  5. gew.de: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Beamtenstreikrecht
  6. staatklar.org: Warum dürfen Beamte nicht streiken?
  7. dbb.de: Streikrecht und Beamte
  8. bundesverfassungsgericht.de: Streikverbot für Beamte verfassungsgemäß
  9. haufe.de: Verbeamtete Lehrer dürfen nicht streiken
  10. gew.de: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Beamtenstreikrecht
  11. hensche.de: Streik und Streikrecht
  12. haufe.de: Streik – Regeln für einen rechtmäßigen Arbeitskampf
  13. dgb.de: Streik – Welche Rechte hast du als Arbeitnehmer*in?
  14. rechtsanwalt-menaker.de: Der Streik – Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer
  15. bundestag.de: Grenzen des Streikrechts (PDF)
  16. arbeitsrechte.de: Streikrecht – Was ist erlaubt?
  17. arbeitsrecht.de: Streikrecht in Deutschland
  18. bundestag.de: Grenzen des Streikrechts (PDF)
  19. gew-leer.de: Muss man zum Streiken Gewerkschaftsmitglied sein?`

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Christian Rumpf
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