Darf mir mein Arbeitgeber vorschreiben, wie lange ich Pause zu machen habe? Denn immerhin ist es ja eine Kann-Bestimmung.
So lautet zumindest die Top-Frage bei 100 befragten Leuten.
Und eigentlich könnte ich das Ganze auch hier schon wieder beenden mit der Antwort: Ja, er kann und ja, er darf auch!
Aber damit wäre keine zufriedenstellende Antwort gegeben.
Die VO 561/2006/EG besagt in Artikel 8 Abs. 4 Folgendes:
Der Fahrer darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.
Viele hängen sich hier an den Hoffnungsschimmer »Der Fahrer darf…« und machen daraus eine Kann-Bestimmung. Also so, als hätte der Fahrer, es zu entscheiden, ob er verkürzt oder eben nicht verkürzt.
Jedoch gibt es da ein dickes ABER!
Aber es gibt doch noch den § 106 GewO.
§ 106 der Gewerbeordnung (GewO) regelt das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Demnach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
Das heißt also, wenn euer Chef oder auch der Dispo euch sagt, du machst nur 9 Stunden Pause, dann ist das gesetzlich abgedeckt.
Und nur, um das Der Fahrer darf…. mal aus dem Juristischen ins Deutsche zu übersetzen:
Der Satz selber gibt nur die Möglichkeit, dass 3x pro Woche (zwischen 2 Wöchentlichen Ruhezeiten) die tägliche Ruhezeit von 11 auf maximal 9 Stunden gekürzt werden kann.
Und ja, der Fahrer kann das auch für sich entscheiden. Aber letztlich auch der Unternehmer / sein Weisungsbefugter…
Ebenfalls eine Aussage, die dann meistens darauf folgt, wenn man die Fahrer durch Fakten eines Besseren belehrt.
Nun, einerseits ist es nicht nur das gute Recht eines Fahrers, sondern auch die Pflicht, wenn er sich nicht in der Lage fühlt, sein Fahrzeug sicher durch den Verkehr zu lenken, die Karre stehenzulassen.
Allerdings wer nach 9 Stunden nicht in der Lage ist, seinen LKW sicher durch den Verkehr zu führen, der ist es nach 11 Stunden auch nicht und gehört nicht hinters Lenkrad, sondern ins Taxi auf dem Weg zu einem Arzt.
Da kann ich an dieser Stelle gleich mal DocStop erwähnen. Folgt einfach dem Link zu der Seite, dann wisst Ihr schon, was ich meine. :D
Also noch mal: Der Arbeitgeber oder einer seiner Weisungsbefugten darf euch vorschreiben, wie lange Ihr Pause machen dürft. Und das auch nur, wenn es sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens befindet.
Sprich: Regulär 11 Stunden, maximal aber auf 9 Stunden verkürzt. Bei allem, was weniger als die 9 Stunden beträgt, könnt Ihr getrost sagen: Äh NÖ!
Pauschal gesagt ja. Allerdings kommt darauf an, ob und was im Arbeitsvertrag steht. Da wir als Berufskraftfahrer in den Arbeitsverträgen selten drinstehen haben, wann wir anfangen sollen, spielt das hier keine Rolle. Unsere Arbeitszeiten sind flexibel, so wie es die Wirtschaft benötigt.
Und selbst wenn im AV etwas festgehalten wurde, das hier nur als Hintergrundwissen, kann § 106 GewO dennoch über dem Arbeitsvertrag stehen. Und zwar dann, wenn betriebliche Belange es erforderlich machen, zu einer anderen Arbeitszeit zu beginnen und aufzuhören. Jedoch darf hier nicht § 315 BGB außer Acht gelassen werden.
Hinzu kommt, auch wenn man seine regelmäßige Wochenruhezeit von 45 Stunden einhält, so kann der Arbeitgeber anweisen, dass Du Sonntags Abends, anstelle von Montag morgens los fahren sollst. Logischerweise sollte er dir das schon vor der 45er sagen und nicht Sonntags spät Nachmittag, wo man keine Möglichkeit mehr hat, ausreichend Schlaf zu bekommen.
Ach und bevor ich es vergesse: § 106 GewO gilt nicht nur in unserem Beruf. Auch in allen anderen.
Ich bin ein aktiver Berufskraftfahrer in zweiter Generation. Ich übe diesen Job nun seit Mitte der 1990er Jahre aus und habe in der Zeit viele verschiedene Bereiche des Transportsektors durchlaufen. Darunter waren auch kurze Abstecher in die Disposition, Lager, Fuhrparkleitung. Auf dieser Seite gebe ich lediglich meine eigene Meinung wieder. Diese muss nicht immer richtig sein. Daher empfehle ich bei rechtlichen Themen grundsätzlich immer den Gang zu einem entsprechenden Anwalt.
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