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Eine Nacht im Container

Zuletzt aktualisiert am 1. Oktober 2022

Nicht erst seitdem EU Mobilitätspakets, ist es uns Fahrern nicht mehr erlaubt, die reguläre Wochenruhezeit von 45 Stunden und mehr im LKW zu verbringen. Eigentlich schon seit in Krafttreten der VO 561/2006/EG. Es wurden schon mit in Krafttreten der Ahndung dieser Regelung, Stimmen laut, dass nun bald die „Containerdörfer“ aus dem Boden sprießen würden.

Tatsächlich habe ich Dank eines Kontaktes aus einer der paar WhatsApp Gruppen in denen ich mich tummel, die Möglichkeit bekommen, mal eine Nacht in so einer Büchse zu nächtigen. Doch ich war nicht der einzige, der mal die Nacht da drin schlafen durfte.

Roatel

Die Firma Roatel aus Düsseldorf ist ein Start-up-Unternehmen, welches solche Übernachtungsmöglichkeiten bietet. Zurzeit gibt es an 4 Standorten (neben Bremen, Schopsdorf, Lutterberg kommt noch Löningen hinzu), die Möglichkeit in einem solch umgebautem 45er High Cube Überseecontainer zu übernachten. Weitere 5 Standorte sind aktuell in Planung / Entstehung. Ich konnte meine Nacht in Bremen verbringen, in unmittelbarer Nähe zu einem hervorragenden Bäcker, das Backhaus, in dem wir gestern auch mit Radio Bremen die Aufnahmen gemacht haben, den ich zu meinem Container fahrenden Zeiten nicht einmal auslassen konnte, sobald ich mich in Bremen aufgehalten habe. Nachteil ist allerdings, am Wochenende hat dieser geschlossen. Schade eigentlich.

Autohöfe und Raststätten sind Zielstandorte

Wie es nun mal üblich ist, tauchen in den sozialen Netzwerken die wildesten Spekulationen auf, was diese Übernachtungsmöglichkeit anbelangt.

Auch was die Standorte der Container betrifft, da man nicht gerade selten kritisiert, dass es keine Kochmöglichkeiten für Kaffee und Essen gibt. Da muss man doch wieder zum LKW.

Doch die Container stehen ja nicht irgendwo im Nirgendwo. Bis auf das in Bremen im GVZ, stehen die anderen bereits aufgestellten Container auf oder an Autohöfen. Und genau da sollen Sie auch hin, bzw. auch auf das Gelände von Raststätten. Also selber was kochen muss am WE keiner.
Zumal wenn man bedenkt, dass man in Holland nur alleine schon mit einer Strafe rechnen muss, wenn man zum LKW in der Zeit geht.

Die Buchung

Die Buchung an sich findet Online über einen Computer oder einfach von unterwegs über das Handy statt. Standort auswählen, Anreisedatum und die Anzahl der Nächte wählen, die man übernachten möchte / muss und schon kann es weitergehen. Bezahlen darf dann der Arbeitgeber oder Dispo mit der Kreditkarte.

Preis / Leistung

Pro Übernachtung werden 49 € (Update: Die Preise sind auch hier etwas angezogen worden. Mittlerweile sind es 53 € pro Nacht) fällig. Doch was bekommt man dafür?

Ein Bett, Dusche und WC, kostenloses Fernsehen mit über 1000 Sendern aus der ganzen Welt. Frühstück ist nicht im Preis mit drin, aber immer noch ganze 2 € billiger als das niedrigste Angebot bei einer Vergleichswebseite.

Das Zimmer selber ist nun aufgrund der Größe von rund 7,5 m² nicht grade eine Partybude. Man soll auch nur drin schlafen und so den gesetzlichen Vorgaben entsprechend, nicht im LKW schlafen. Dass viele das trotzdem viel lieber machen ist mir klar, doch darum geht es hier nicht. Auch nicht um den Sinn oder Unsinn des Mobilitätspakets. Da darf man sich bei denen bedanken, die diesen Mist verzapft haben. Und ja, ich weiß, es war nur eine Kompromisslösung. Egal. Zurück zum Thema.

Meine Erlebnisse

In Bremen war es zu diesem Zeitpunkt sehr stürmisch. Klar, das hört man, wenn man auch, wenn man im LKW übernachtet, so also auch in dem Container. Allerdings hört man hier den Krach von draußen etwas leiser.
Meinen Zimmernachbarn habe ich allerdings nicht gehört, ebenso wenig seinen Fernseher.

Das Zimmer selber hat eine Grundfläche von ca. 7 m², der LKW hat mittlerweile etwas über 4 m² je nach Hersteller und Alter des Fahrzeuges.

Die Ausstattung, wie auf den Bildern zu sehen, macht nicht nur einen hochwertigen Eindruck, es fühlt sich auch so an. Die Matratze hat, wie zu Hause, eine Breite von 90 cm, eine Länge von 200 cm und wird, wenn ich das richtig verstanden habe, in regelmäßigen Abständen ausgetauscht.

Bei diesem Container stellt sich das Problem aktuell noch nicht, in Bremer GVZ steht dieser erst seit einer Woche.

Es ist nicht alles Gold was glänzt


Vom Grundprinzip ist das ganze eine gute Möglichkeit, der gesetzlichen Bestimmung nach kommen zu können, die reguläre Wochenruhezeit von 45 Stunden nicht im LKW verbringen zu müssen. Die aktuelle Kontrolldichte mal außen vor gelassen, ist jetzt in Bremen das Angebot in unmittelbarer Nähe, was Essen und trinken angeht, nicht gerade groß. D.h. zum Essen muss ich doch wieder in den LKW, da das Backhaus am Wochenende zu hat.

Ein Blick ins Backhaus. Bei jedem meiner Aufenthalte in Bremen ein muss.

Allerdings gibt es seitens des Besitzers Überlegungen, Automaten draußen aufzustellen, die dann mit den Leckereien, des Backhauses gefüllt sind. Es gibt jedoch noch keinen festen Zeitpunkt, wann die Automaten aufgestellt werden.
Ach, bevor ich es vergesse: Wer noch einen kleinen gebrauchten 6ft Container hat, das Backhaus sucht einen 😀

Billigeres Frühstück für Roatel Gäste

Es gibt extra für Roatel Kunden ein verbilligtes Frühstück. Was sich wie folgt zusammen setzt:

Rustikales Backhaus-Frühstück

  • 2 Brötchen
  • Rührei
  • verschiedene Sorten Schinken
  • Salami (Truthahn)
  • Butter
  • Pott Kaffee

Das ganze dann für 6,00 € anstelle von 7,40 €.

Weiter im Text. Für Raucher ist in dem Zimmer kein Platz, heißt zum Quarzen ab nach draußen. Hier gibt es, zumindest in Bremen, draußen auch keinen Aschenbecher. Ich hoffe nicht, dass es dort dann so aussehen wird, wie andern Orts und die Kippen sich dort stapeln.

Man hatte mich zwar vorgewarnt, dass man die Belüftung hört, die war auch nicht laut, aber halt nervig. Man hatte permanent ein leises Brummen im Hintergrund, was mich beim Schlafen, dazu noch die Klimaanlage, die ich vergessen hatte auszuschalten, gestört hat.

Der kleine Kasten ist zwar nicht laut, aber es nervte doch sehr.

Doch auch hier verspricht man, dass man sich bessern möchte 😀

Wie soll ich es beenden….

Alles in allem war es eine Erfahrung, die mir ein besseres Urteil über die ganzen Spekulationen, die in den sozialen Medien verbreitet werden, erlauben.
Denn im Gegensatz zu den anderen, konnte ich nun eine Nacht in solch einem Container schlafen, vom dem Brummen des Ventilators mal abgesehen.

Der Platz ist in meinen Augen ausreichend, seinen ganzen Hausstand schleppt man eh nicht mit, heißt für eine Tasche, ggf. Laptop so fern vorhanden, ist in dem Zimmer Platz.

Man soll in den Containern auch nicht bis zum Lebensende wohnen, sondern nur seine 45er-Wochenruhezeit darin verbringen, damit es da halt keine Probleme gibt. Denn anders als im europäischen Ausland wie bspw. in Belgien, wird hier in Deutschland auch der Fahrer zur Kasse gebeten, wenn die Behörden denn mal kontrollieren würden. Und da sind mal eben unter Umständen 500 € weg.

Aber wie man am WE in jedem größeren Gewerbegebiet und auch auf den Parkplätzen entlang der Autobahn sehen kann, verbringen viele Fahrer Ihre reguläre Wochenruhezeit von 45 Stunden im LKW, von den Kontrollbehörden sieht man da selten was und noch weniger, dass Sie was dagegen tun.

So sah es dann vor der Tür aus. LKWs, Sprinter, bis auf 2 Bonsai Trucks alle mit ausländischen Kennzeichen. Kontrolle? Fehlanzeige. Die Fahrer? In den Kabinen.

Die Idee hinter dem Konzept finde ich persönlich klasse gelöst, ich hab einen Fernseher, ich hab ein Bett, kann aufs Klo, wenn ich muss, Dusche ist ebenfalls vorhanden. Zumal ich die Tür des Zimmers mit dem Smartphone öffnen kann, oder wenn man das als Fahrer nicht hinbekommt, kann das auch der Disponent machen, sofern der im Büro ist. Aber so schwer ist das ja nicht.

Man bekommt eine Buchungsbestätigung, die Zimmer sind ab 15 Uhr bezugsfertig. Um diese Uhrzeit bekommt man noch mal eine E-Mail, mit der man sich einchecken und auch die Tür öffnen kann. Alles eigentlich sehr einfach. Klappt auch bei Techniklegasthenikern.

Wenn ich mir so beim Schreiben dieses Artikels die Kommentare bei Facebook anschaue, könnte ich schon wieder mit dem Kopf auf den Tisch schlagen. Viel Meinung bei wenig Ahnung. Das Konzept wird mangels Hintergrundwissen oder auch nur weil es ein Überseecontainer ist, schlechtgeredet, nur von Leuten, die es ohnehin nicht betrifft, da Sie jedes Wochenende zu Hause verbringen. Die meisten tun gerade so, als ob dieser Beitrag und auch der bei Buten un Binnen nun dafür sorgen wird, dass jeder Fahrer das Wochenende nicht mehr nach Hause kommt und Sie in einem Container schlafen müssen. Für den deutschen Fahrer wird das ohnehin nicht oder nur selten der Fall sein, denn die Speditionen, bei denen das vorkommen könnte, kann man an einer Hand abzählen. Deswegen ist da viel Wind um nichts. Wer nicht darin schlafen will, kann ich verstehen, ich bin auch lieber zu Hause und die Fahrer, die da am Wochenende Ihre Pause illegalerweise im LKW verbringen mussten, wären das auch gerne. Und da gehört der Fahrer nun mal hin, auch wenn ich jetzt denen auf die Füße trete, die am liebsten im LKW für den Rest Ihres Lebens wohnen würden.

Und nein, ich will hiermit auch nichts verkaufen. Es geht hier nur darum, ob man in einem solchen Zimmer bequem seine Wochenruhezeit von 45 Stunden verbringen kann. Und das geht.
Natürlich ist es besser, wenn die Fahrer für die Zeit nach Hause kommen. Kommen Sie aber nicht und da ist so ein Roatel eine gute Lösung.

Ach ja, die Bezahlung

Ich kann es hier nur noch mal erwähnen, nicht der Fahrer muss für die Unterkunft am „Wochenende“ sorgen, sondern der Unternehmer. Der muss das Ganze auch bezahlen. Nicht der Fahrer.

Dass die Praxis derzeit anders aussieht, weiß ich auch. Und solange unsere Kontrollorgane Ihren Arsch nicht hochbekommen und die Umsetzung des Mobilitätspakets garantieren, wird sich da nichts ändern. Also liebes BAG, liebe Ordnungsämter, Bewegung, die Kontrollen spülen Geld in die ach so leeren Kassen!

Abschließen darf Radio Bremen

Gestern, am 31.01.22 kam noch ein Bericht bei Radio Bremen in der TV-Sendung Buten un Binnen. Man muss hier explizit erwähnen, dass die Anmoderation nicht falsch, aber auch nicht korrekt ist. Jedoch aufgrund der knappen Sendekapazität ist das wichtigste gesagt und auch das mit der Wochenruhezeit von 45 Stunden ist völlig nicht falsch.

Dass es da noch „Ausnahmeregelungen“ gibt, ist für diesen Beitrag nicht wichtig, auch nicht, dass es nicht im Mobilitätspaket steht, sondern seit in Krafttreten 2007 in der VO 561/2006/EG. Egal. Es ist kein Format für uns LKW-Fahrer, sondern für die unwissende Allgemeinheit. Und dafür sind die gelieferten Informationen vollkommen ausreichend.

Und hier geht es zum TV Beitrag von Radio Bremen:
Warum LKW-Fahrer in Bremen im gebrauchten Überseecontainer übernachten – buten un binnen

Nachtrag

Viele stören sich an der äußerlichen Optik. Weil es nun mal ein Container ist. Und? Hauptsache ich habe ein ordentliches Bett, eine Toilette und eine Dusche. Dazu noch fließend Wasser. Ja man hat derzeit keine Möglichkeit, selber zu kochen. Da die Container vorwiegend auf Autohöfen stehen (Bremen ist die einzige Ausnahme), muss man auch nicht kochen. In einem Hotel muss ich auch das Zimmer verlassen (sofern ich den Zimmerservice nicht nutze), oder gehe ebenfalls außerhalb Essen (bei Halbpension muss ich das sogar, gut nicht zwangsläufig). Von daher ist das eher Peng und unnötiges schlechtreden.

Wie mir Christian Theisen noch schrieb, gab es sogar ein bauliches Vorbild für die Container: FLOPHOUZE SHIPPING CONTAINER HOTEL -Our Fleet

Noch ein, zwei, drei Sachen zu diesem Thema und dann ist Schluss

Das Thema mit den Roatels wird derzeit von allen nur erdenklichen Medien aufgesogen und wieder ausgespuckt. Keiner der Reporter die bis heute (24.02.2022) darüber berichtet haben, hat je in dem roatel übernachtet.

Ebenso wenig die negativen Kommentatoren, die die Roatels schlecht machen und auch die üblichen Sprüche bringen, wie etwa einem Hund steht in einem Zwinger mehr Platz zu, als in dem Zimmer eines roatels. Dazu sei gesagt: Ihr pennt und arbeitet die ganze Woche in einer Kabine, die nicht mal 4 m² hat, wollt lieber auch die reguläre Wochenruhezeit darin verbringen, aber vergleicht ein 7,5 m² großes Zimmer mit einem Hundezwinger? Findet den Fehler.

Gestern habe ich dem Trucker ein Interview gegeben. Darin wurde ich gefragt, ob ich davon ausgehe, dass die roatels eine Veränderung für die Fahrer bringen würde. Diese Frage habe ich mit Nein beantwortet. Der Grund ist folgender: Die Unterbringung des Fahrers außerhalb des LKWs in seiner regulären Wochenruhezeit ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, doch wird dies hier in Deutschland nur halb herzig bis gar nicht kontrolliert.
Ich weiß auch, dass es mit den osteuropäischen Ländern kein Strafverfolgungsabkommen gibt, wenn es um die Lenk- und Ruhezeiten geht. Aber wenn man an das Geld kommen will, gibt es Mittel und Wege. Ein Weg ist, Parkkralle an die Karre, bis das Unternehmen gezahlt hat! Die Möglichkeiten sind ja da. Dann sollte man Sie auch nutzen.

Die dünne Personaldecke beim BAG kann bspw. durchs Ordnungsamt verstärkt werden. Wenn man schon Tickets für das falsche Parken verteilen kann, dann kann man auch Bußgelder für die nicht Einhaltung des Mobilitätspakets kassieren. Muss man die Leute da nur entsprechend schulen.

Und zum Abschluss an die negativen Kommentatoren: Eure „Wahrheit“ beruht auf dem, was Ihr meint zu sehen. Nicht auf Erfahrungswerte. Das ist auch dort der Fall, wenn es um etwaige Diebstähle in den roatels geht. Ihr wisst nicht, wie das Ganze genau abläuft, wollt aber darüber diskutieren können. Dafür fehlt nur leider die Grundlage.

Eine Nacht im Container

by Christian time to read: 19 min
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