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Fachkräftemangel, woran liegt es?

Christian 1

Zuletzt aktualisiert am 29. Mai 2022

Am Mittwoch, dem 18.05.22 fährt Udo Skoppeck (A.i.d.T) zusammen mit Burkhard Taggart (KFK Miltenberg / Aschaffenburg) zu einer Tagung / Sitzung ?! des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag zum Thema Fachkräftemangel in der Transport und Logistikbranche. Beide werden dort als Sachverständige auftreten.

Soweit zum Thema. Doch wie schreibe ich nun das weitere, ohne dass sich irgendwer wieder auf die Füße getreten fühlt? Ich denke, das wird sich nicht vermeiden lassen. Egal. Ich hoffe dennoch, dass das nachfolgende den einen oder anderen zum Nachdenken anregt.

Theorien über Theorien

Manfred Krug

Die einen sagen, es sei ein hausgemachtes Problem. Man hätte doch schon viel früher etwas machen können, doch es sei von der Politik her nicht gewollt. Ich bin aber auch der Meinung, dass der Fahrer selber mit dran schuld ist, dass wir einen Fachkräftemangel haben. Klar, der eine oder andere wird sich inzwischen fragen, was habe ich damit zu tun? Ich habe doch gar nichts gemacht? Sicher?

Das ist eigentlich ganz einfach. Überlegt doch mal, wen man zuerst fragt, wenn ein Interessent seinen bisherigen Beruf wechseln will, oder gar eine Ausbildung zum BKF machen möchte? Richtig. Die Fahrer. Egal, ob im Bekanntenkreis, irgendwo unterwegs. Wir Fahrer sind in erster Linie die Ansprechpartner Numero Uno. Und was liest man zu 95 % immer nur von den derzeitigen „Fachkräften“? Nur Negatives. Wirklich Positives haben die wenigsten auf Lager. Und mal ganz ehrlich, warum sollte man einen Beruf ergreifen wollen, wenn man nur Negatives (was zum Teil auch bloß das Empfinden eines jeden selber ist), erzählt bekommt, wie Scheiße dieser Job ist?

Ich mache diesen Beruf nun seit 26 Jahren. Für die einen ist das wenig, für die anderen bereits eine lange Zeit. Ich habe die Zeit der „alten Schule“ noch als Kind mit erleben dürfen, denn mein Vater war bereits BKF und ich bin gegen seinen Willen gewissermaßen in seine Fußstapfen getreten. Und auch heute noch, nach 26 Jahren, mache ich diesen Beruf mit wachsender Begeisterung. Liegt u.a. auch daran, dass ich jetzt seit fast 4 Jahren das fahre, was ich fahren wollte. Holz aus dem Wald zum Kunden.

Es muss sich was ändern. Keine Frage

Dass auch die Medien Ihren Teil am negativen Image unserer Zunft beitragen, steht ebenfalls außer Frage. Brauch man sich ja nur mal Produktionen wie Asphalt Cowboys oder Trucker Babes anschauen. Definitiv spiegeln die bei Weitem nicht das wider, was der wirkliche Fahrer täglich so erlebt. Die stellenweise schlechte Bezahlung, die nicht selten unter dem Mindestlohn liegt, ist ebenfalls etwas, was sich ändern muss. Doch auch als Fahrer muss man was ändern. Das negative Bild, was man selber widerspiegelt. Ich sag mal: Balkanjeans, große Klappe, viel Meinung bei sehr wenig Ahnung. Ich hatte das schon in meinem Beitrag zum Thema Fahrerimage geschrieben. Der erste Eindruck zählt.

Und vor allem: Man kann nur was ändern, wenn man es aktiv selber macht. Wenn der Dispo sagt, du fährst die Tour noch, obwohl die Zeit dafür nicht mehr reicht, dann ist es an einem selber hier mal das Wort NEIN zu benutzen. Oder bei einem Vorstellungsgespräch. Wer zwingt euch denn, für ein mickriges Gehalt von…. was weiß ich…. 2.200 € Brutto zu fahren? Niemand. Steht auf, bedankt euch für einen eventuellen Kaffee und ein „nettes Gespräch“ und geht wieder. Dann fährt man halt nicht bei der Spedition. Oder dieses ganze Gehälter aufblasen mit Prämien. Niedriges Grundgehalt, den Rest mit Prämien pushen? Prämien sind etwas, was man euch jederzeit wegnehmen kann, wenn es gerade „passt“. Da habt ihr keinen generellen Anspruch. Prämie bei geringen Schäden bspw. Wenn man will, kann man die euch schon dann kürzen oder gar streichen, wenn eine Birne kaputtgeht, oder der Reifen platzt.

Tourenprämien / Ladungsprämien, war eine Sache, die z. B. bei einer größeren Spedition, wo ich Schubboden gefahren habe, eine tolle Sache. Damals bekam man ein Grundgehalt von gerade mal 1.600 €, der Rest wurde mit Prämien für jedwede Ladungen, die man fuhr aufgestockt.

Um mal ein Beispiel zu nennen: Für Hackschnitzel gab es ca. 0,89 € / m³, für Müll gab es 0,95 €/m³. Irgendwie so was. Je nach Tag und Auftragslage hat man 1 – 4 Touren gefahren. Und fast jeden Tag kam Geld aufs Konto. Total unübersichtlich.

Ändert das nun alles was?

Ich denke nicht. Denn vielen ist nicht klar, dass man nichts ändert, wenn man bei FB unter die Stellenanzeigen schreibt, wie kacke der Beruf ist, oder dass man erst mal vernünftig zahlen soll, dann würde man auch Fahrer finden.

Ich habe letztens erst noch für meinen Chef auf Facebook in mehreren Gruppen eine entsprechende Stellenanzeige gepostet, es hat sich nur eine Person bei mir gemeldet, aber nicht bei meinem Chef. Warum auch immer. Ich frage da nicht nach. Es wäre gleichermaßen genau so eine Stelle, wie manch einer haben will. Nur noch von A nach B fahren, mit Be- und Entladung nichts am Hut und das darüber hinaus im Stundenlohn. Egal. Es kam nichts.

Was müsste sich denn ändern?

Mit Hinblick auf den Termin am Mittwoch kann man eigentlich nur wenig vortragen. Gut, ich habe da nicht wirklich den Blick dafür, denn ich als Fahrer bin hier leider der Einzelkämpfer, weil andere nicht mitziehen wollen. Stichwort Gewerkschaft.

In Sachen Lohn kann die Regierung ohnehin nur bedingt was machen. Und das geschieht bereits in Form des Mindestlohnes, den viele Fahrer nicht mal bekommen, weil sie sich selber nicht mit dem Thema beschäftigen und entsprechend keiner Ahnung von der Materie haben. Mir fällt dabei immer der Spruch eines Fahrers bei einer Spedition aus dem Kreis Soest ein, bei der ich Anfang der 2000er gefahren habe:

Der Alte zahlt gerade so viel, dass er sich nicht an die tariflichen Vorgaben halten muss.

Ehemaliger Arbeitskollege

Für die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrages hat die zuständige Gewerkschaft in unserer Sparte zu wenig Mitglieder. Liegt an der weitverbreiteten Meinung, die Gewerkschaft macht ja ohnehin nichts für uns. Das ist aber auch ein anderes Thema, was ich hier im Blog schon oft genug behandelt habe.

Die Kontrollbehörden müssen mehr Befugnisse bekommen. Der Zoll bspw. darf zwar ganz lustige „Kontrollen“ im Bereich Mindestlohn machen, aber das sind eher mehr so eine Art Interviews. Der Fahrer wird gefragt, was er verdient und wie viele Stunden er macht. Damit ist die Kontrolle gewissermaßen mit ein paar weiteren Formalitäten, wie Adresse des Arbeitgebers usw. beendet. Und dann? Ja, dann kommt da nichts weiter, denn ich als Fahrer kann dem Zollbeamten das Blaue vom Himmel runter lügen, er muss das glauben. Da wird auch nicht weiter nachgefragt. Alleine hier muss sich schon was ändern. Aber dafür müsste die Beweispflicht umgekehrt werden. Und das ist ja eher dann Stasi Methode.

BAG und Polizei müssten in Sachen Kabotage, Kontrollen der WRZ auf den Parkplätzen ebenfalls mehr Befugnisse bekommen. Werden aktuell Bußgelder gegen die Speditionen verhängt, kümmert es keinen, wenn diese nicht zahlen. Soweit ich weiß, dürfen die Beamten eben nicht wie in Frankreich oder Belgien die Karren stilllegen bis die Kohle da ist.

Man nimmt einfach das Geld vom Fahrer und gibt sich damit zufrieden. Und selbst das ist noch gedeckelt. Hier wäre es doch besser für das staatliche Geldsäckel, wenn man den Karren einfach durch eine Parkkralle / Kette irgendwie an der Weiterfahrt hindern könnte, bis die Firma das Geld überwiesen hat. Ach, halt, das ist ja unmenschlich dem Fahrer gegenüber, der kann doch nicht so lange in seinem LKW usw. Nee, 1. muss er das nicht, 2. darf er das auch nicht. Auch hier gibt es Lösungen, die das Unternehmen in Sachen Kosten übernehmen muss. Hotel, Pension etc. Und ja auch das Roatel ist eine Lösung.

Doch nur dadurch, dass die mehr Befugnisse bekommen, ändert sich ja nichts. Die müssten auch mehr Ihrer Aufgabe nachkommen und in dieser Hinsicht deutlich mehr kontrollieren, anstatt immer nur Ihre sporadischen Schwerpunktkontrollen durchzuführen.

Es ist meine Meinung. Die muss ja so nicht richtig sein. Fakt ist, wir als Fahrer können an der aktuellen Situation mitwirken. Hört auf, potenziellen Berufsinteressenten nur das Negative zu erzählen. Die Luschen von Fridays for Future erreichen wir sowieso nicht und die will ich auch nicht mit ausbilden müssen. Wer nicht mal einen Nagel in die Wand bekommt, geschweige den auch noch gerade, der hat auch nichts hinter dem Lenkrad verloren.

Bessere Bezahlung für alle gibt es auch nur dann, wenn wir ALLE dafür einstehen. Thema Gewerkschaft, allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, um nur mal 2 Dinge zu nennen.

Ach, Thema Gewerkschaft, mich wundert es, dass die Gewerkschaft Transport und Logistik, alias Kraftfahrergewerkschaft am Mittwoch gar nicht dabei ist… Dabei sind die doch so stark, angeblich… Scheinbar dann doch nicht. Was mich auch wundert, warum vom BDBK kein Vertreter dort zugegen ist… Mal beim Vorstand nachfragen…

  1. Lothar Neff Lothar Neff

    Hallo Christian,
    die Meinungen gehen hier mit Sicherheit weit auseinander,der überwiegende Teil der Fahrer macht grundsätzlich alles am Lohn fest,ein weiterer Teil an den sozialen Bedingungen in Bezug auf Freizeit usw..
    Ich fahre nun auch schon seit 40 Jahren und gehe in 2 Jahren in Rente. Das es auch den Frachtunternehmen bekannt sein sollte das Menschen eben mal altern und irgendwann in Rente gehen sehen diese wohl nur als Momentaufnahme und beachteten dies absolut nicht.
    Hätte man frühzeitig darauf reagiert und entsprechend die Weichen gestellt,wäre diese Misere sicherlich nicht so extrem wie sie ist. Das die Fahrer das Image sicherlich nicht aufgewertet haben mit Ihrer Kleidung und teilweise ungepflegten Auftreten steht hier außer Frage.

    Du kannst Dich sicherlich noch daran erinnern wie oft und intensiv wir schon vor 15 Jahren darauf hingewiesen haben was auf das Speditionsgewerbe zukommt,aber keiner wollte es wissen und hat uns ignoriert. Ich bin absolut der Meinung das das Transportgewerbe selbst schuld ist,wer die Zeit verschläft muss eben mit den Folgen leben.

    Nun,den Staat muss men hier auch in die Pflicht nehmen,denn wie lange brauchten die bis endlich mal ein Mindestlohn kam. Das ein Mindestlohn sehr wichtig ist hat sich schon gezeigt,denn wer im
    Dienstleistungsbereich tätig ist wurde stets und ist teils noch unterbezahlt.
    Der aktuelle Mindestlohn ist noch zu niedrig,man darf gar nicht daran denken was bei solch einem Lohn einmal als Rente heraus kommt.

    Es gab mal schöne Zeiten als der LKW noch kein rollendes Lager war,man verdiente eigentlich gut und hatte deutlich weniger Stress ( es war eben auch weniger Verkehr auf den Straßen).
    Im internationalen Verkehr hatte man auch seine Ruhe,bis die Handy`s ins fahrerleben Einzug nahmen,und als die Grenzen aufgingen war es vorbei mit der Ruhe.Stress mit der Dispo war vorprogrammiert.

    Schlußendlich ist meine Meinung diese,das das Transportgewerbe zum größten Teil selbst schuld ist,denn diese hätten es in der Hand gehabt den Fahrerjob so weit angenehmer zu gestalten, das sich auch genügend Junge Menschen für diesen Beruf entscheiden hätten können.

    Von der Politik erwarte ich gleich gar nichts,denn zeige mir mal einen Politiker der seinen Job gut macht ohne noch irgendwelche unfähige Berater für Unsummen an der Seite zu haben.
    Hier wechseln Minister vom einen Resort ins andere ohne nur etwas Ahnung von der Materie zu besitzen,und wir füllen diesen auch noch die Taschen.

    Nun ja,bin leider noch etwas vom Thema abgekommen,aber grundsätzlich gehört doch alles zusammen. Leider wurde von allen alles verschlafen.

    Mir könnte es eigentlich nun mit dem Blick auf die Rente egal sein,aber es stimmt mich traurig die Situation so sehen zu müssen.

    So, nun reicht es,habe Deine Seite genug voll gespamt,mach weiter so und bis bald.

    Gruß Lothar

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